BVB-Fan auf dem Jakobsweg

Hier findet ihr alles zur Reise von BVB-Fan Johannes Kirsch, welche ihn zu Fuß 775 km durch Spanien bringen wird.

Bericht vom 01. Juni

Nach 5 Wochen und 2 Tagen über 775 bin ich gestern um 14 Uhr in der Kathedrale von Santiago angekommen. Ein wenig Euphorie, dass ich es geschafft habe kam bei mir erst bei Ausstellung der „Compostela“ genannten Pilgerurkunde auf. Nach Erhalt der Urkunde habe ich mich eine gute Stunde auf den Boden des Vorplatzes der Kathedrale gesetzt und versucht, anhand der Stempelsammlung den ganzen Weg Revue passieren zu lassen. Als Erinnerungsstütze hilfreich sind die verschiedenen Phasen der Pilgertour, markiert durch die großen Städte Pamplona, Burgos, Leon und auch Astorga, die verschiedenen Landschaften, Alleine gehen vs. zusammen mit Jacob und Janina sowie am Ende auch Bernd, und nicht zuletzt die verschiedenen Wetterlagen. Ich werde zuhause noch mal versuchen meine Erinnerungen aufzuschreiben. Heute um 12 Uhr ist Pilgermesse in der Kathedrale von Santiago. Damit ist für mich die Pilgertour zu Ende, aber noch nicht die Reise. Bernd und ich gehen bzw. fahren teilweise noch zur Westküste nach Fisterra und Muxia, bevor wir am Pfingstmontag die Rückreise antreten. Was die lange Wanderung auf dem Camino „mit mir gemacht“ hat, kann ich noch nicht beschreiben. Ich denke, das werde ich erst in den ersten Wochen nach der Rückkehr spüren.
Allen, die meine Tour verfolgt haben und mir die Daumen gedrückt haben, herzlichen Dank.

Bericht vom 29. Mai

Asynchron laufen ist scheinbar das Geheimnis der letzten Etappe, denn wir haben keinen Kontakt zu den Jugendlichen mit Musikboxen und konnten den größten Pulk an Menschen umgehen, indem wir in einem anderen Ort übernachtet haben. Die letzte Nacht haben wir in einer Herberge übernachtet, die von einer freikirchlichen Organisation betrieben wird. Total nettes international zusammengesetztes Team und interessante Gäste, die wir dadurch näher kennengelernt haben, dass am Nachmittag ein Gespräch auch unter Beteiligung der Freiwilligen angeboten wurde. Jeder konnte ein Foto auswählen und anhand dessen sagen, in welchem „Zustand“ er/die vor dem Start auf den Camino war und wie der Camino ihn/sie bisher verändert hat. Gute Gelegenheit mal tiefer nachzudenken, warum man das Ganze macht und das mit anderen zu teilen. Der Weg ist weiterhin schön, es geht größtenteils durch Baumschatten und Naturstein. Heute habe ich Bernd getroffen, mit dem ich gemeinsam angereist bin und der den anstrengenderen Camino del Norte kombiniert mit dem Primitivo gegangen ist. Von nun an werden wir die letzten zwei Tagesetappen nach Santiago gemeinsam gehen. Auch Jacob, mit dem ich die letzten drei Wochen zusammen gegangen bin werde ich dabei nicht aus den Augen verlieren. Übermorgen ist schon Ankunft in Santiago, kaum zu glauben! Ich bin gespannt – und hoffe dort einige bekannte Gesichter wieder zu sehen.

Bericht vom 26. Mai

Magdalena in Sarria. Die Ruhe der Herberge steht im Gegensatz zu dem Trubel der Pilger in den Kneipen, die morgen erst ihren Weg beginnen werden. Ich muss aufpassen, dass die Erfahrungen und Eindrücke der letzten vier Wochen nicht durch die nächsten fünf Tage überlagert werden. Wir sind seit gestern in der Region Galicien. Am Wege stehen sehr viele Natursteinmauern und -häuser, superschöne Wege entlang von naturbelassenen Wiesen. Zwischendurch Kultur mit Besichtigung das alten riesigen Benediktiner-Klosters Samos, wo heute noch acht Mönche leben.

Bericht vom 24. Mai

Wir sind im ruhigen Bergdorf La Faba. Hier betreibt ein Verein deutscher Jakobspilger aus Baden-Württemberg neben einer alten Dorfkirche mit Freiwilligen (meist Rentner) eine wunderbar friedlich gelegene Pilgerherberge im früheren Pfarrhaus. Leider haben wir diese zu spät gesehen, sodass wir in einer anderen Herberge nächtigen. Nachdem die heutigen 12 km ohne Gepäcktransport gut liefen, traue ich mir morgen die doppelte Entfernung bei 500 Höhenmetern zu. Das wird vermutlich eine anstrengende Etappe des Restlichen gut 150 km langen Weges. Kaum zu glauben, dass wir in einer Woche in Santiago sein werden. Heute haben wir mit Jasmin aus Köln über die allmählich aufkommende Erschöpfung nach vier Wochen Camino ohne Pausentag gesprochen. Sie veranlasst das, die von allen Langstreckenpilgern gefürchteten letzten 100 km „Rennstrecke“ ab Sarria größtenteils mit dem Bus zu fahren. Das käme für mich derzeit nur im äußersten Notfall in Frage.

Bericht vom 22. Mai

Heute waren wir nach einer kurzen Etappe durch Weinberge schon um 13 Uhr am Zielort Villafranca del Bierzo, wo wir uns in der atmosphärisch sehr schönen Herberge Leo einquartiert haben. Altes Gemäuer mit hohen Decken, Holzfußboden und vor allem viel Platz in den 6er Schlafräumen. Wir hatten auch schon andere Bedingungen. Die kleinen Städte am Weg enthalten mehr und mehr touristische Anziehungspunkte, wie gestern in Ponferrada eine große Tempelburg. Im Kontrast dazu kommt man durch Dörfer mit uraltem halb verfallenem Baubestand. Ca. 180 km vor dem Ziel mischt sich die Vorfreude auf Santiago mit Wehmut, dass die Pilgertour in neun Tagen vorbei ist. Hinzu kommt ein bisschen Besorgnis, da es 100 km vor Santiago sehr voll werden soll, weil viele dort erst einsteigen.

Bericht vom 20. Mai

Jacob und ich sitzen gerade auf der Terrasse einer Pension in Diego de Ambros mit einem grandiosen Ausblick auf die Montana die Leon. Der heutige Pilgertag fühlte sich fast an wie „richtiger“ Urlaub. Superschöner Weg durch ein Blüten-Meer in einem Gebirge nach Art vom Schwarzwald. Am höchsten Punkt der heutigen Etappe, am Cruz de Ferro ist es üblich einen Stein, den man von zuhause mitgebracht hat, niederzulegen. Das war rund 240 km vor dem Ziel eines der großen bewegenden Momente des Camino. Gestern in Rabanal de Camino haben wir an einer gut besuchten Vesper in einer ganz schlichten Dorfkirche teilgenommen. Das war ein scharfer Kontrast zur hoch-katholischen Liturgie am Sonntagabend in der Kathedrale von Astorga. Heute liefen wir wie schon die letzten Tage einige Zeit mit Patrick aus Antwerpen zusammen, der inzwischen auch zu unserer Camino-Family gehört.

Bericht vom 17. Mai

Heute melde ich mich aus der Herberge Casa Verde in Hospital de Orbiego ca. 17 km vor Astorga. Hier kann man sich in einem großen Garten im Schatten gut erholen. Auf der heutigen Etappe von 22 km haben wir zwei Pausen gemacht. In diesem Rhythmus und mit dem Gepäcktransport werde ich es denke trotz Knieproblemen bis nach Santiago schaffen. Unterwegs trifft man immer wieder Pilger*innen, mit denen man unterwegs schon mal gesprochen hat, die man aber spontan nicht mehr einordnen kann. Es sind einfach sehr viele Kontakte, die man hier in den letzten drei Wochen hatte. Morgen geht es in einer kurzen Etappe bis nach Astorga, aber nicht weiter entlang der Straße, sondern einen Nebenweg, welchen ich eben gefunden habe. Bei den Kilometerangaben bis nach Santiago steht nun eine zwei davor, was sehr ermutigt.

Bericht vom 16. Mai 

Ich melde mich aus einer schönen Pilgerherberge in Valverde de La Virgin rund 12 km hinter Leon in Richtung Astorgas. Im Garten der Herberge sind Hängematten und Liegestühle und es läuft sphärische Musik, die allerdings immer wieder von vorbeirauschenden LKWs übertönt wird, da die Herberge an einer Schnellstraße liegt. An dieser Schnellstraße müssen wir noch ca. 40 km gehen, bis wir Astorgas erreichen. Heute Vormittag haben wir uns bei bestem Wetter in Leon umgeschaut. Für mich die schönste Stadt auf dem Camino, besonders die gotische Kathedrale und die lebendige Altstadt sind beeindruckend. Mir ist aufgefallen, dass Spanien eine brandneue Infrastruktur hat, die sehr im Kontrast zu den vielen Dörfern steht, die einen in die 1950er zurückversetzen. Auch körperlich merke ich mittlerweile die Anstrengungen der letzten drei Wochen, sodass ich den Gepäcktransport wieder in Anspruch nehmen werde.

Bericht vom 14. Mai

Unsere spontan gefundene Dreiergruppe hat sich verkleinert, denn Janina muss nach Hause und geht den Camino erst nächstes Jahr weiter. Ich bin froh mit den beiden die letzten zehn Tage gewandert zu sein, auch wenn wir nicht die ganze Zeit zusammen waren, waren wir dennoch ein gutes Team. Ich denke, auf dem Camino bilden sich oft solche Teams auf Zeit. Mit Jacob werde ich noch bis Melide gehen. Heute war noch einmal ein Tag Meseta dran. Der Weg ging entlang einer schwach befahrenen Straße immer geradeaus und die Landschaft war anders als zuvor größtenteils naturbelassen. Morgen geht es nach Leon, hoffentlich ohne Regen. Im Moment regnet es hier stark. Man fragt sich, wofür eigentlich bei so viel Regen die aufwändigen landwirtschaftlichen Bewässerungsanlagen, die man hier überall sieht, gebraucht werden.

Bericht vom 12. Mai

Nach 23 km durch die Meseta, davon 17 km ohne jede Ansiedlung sind wir glücklich in Ledigos angekommen und haben Unterkunft in einer privaten Herberge gefunden. Mein Rücken schmerzte die letzten 10 km, sodass Jacob meinen Rucksack die letzten 2 km vor dem Bauch trug. Morgen lasse ich meinen Rucksack transportieren, was hier ganz unproblematisch ist. Ich denke, dass ich so die morgigen 20 km gut schaffen kann. Vermutlich werde ich den Transport nun öfter in Anspruch nehmen, schließlich sind erst rund die Hälfte der Gesamtstrecke geschafft.

Gestern in Carrion de los Condes boten vier Schwestern des Augustinerinnen-Ordens ein schönes Programm mit gemeinsamem Gesang aus den unterschiedlichen Ländern der PilgerInnen an. Die ca. 30 Teilnehmer*innen kamen aus rund 20 Ländern, darunter auch so verfeindete wie China und Taiwan. Anschließend gab es eine Pilgermesse mit anschließendem auch individuellem Pilgersegen durch die Schwestern und den Pfarrer. Für mich eine bewegende Erfahrung! Das Wetter ist unverändert rau, aber heute zumindest fast ohne Regen. Temperatur morgens beim Start bei fünf Grad.

Bericht vom 11. Mai

Gestern sind wir 20 km im Dauerregen über völlig verschlammte Wege gewandert. Man geht unter solchen Bedingungen ziemlich in sich gekehrt, aber nach der Hälfte der Strecke war die Freude über eine offene Bar und das Wiedertreffen anderer Pilger groß. Wir haben dort beschlossen, uns am Ende der Etappe ein Hotelzimmer zu gönnen. Nach 15 Übernachtungen in Schlafsälen in Pilgerherbergen fand ich das ganz angenehm. Heute relativ kurze Etappe nach Camino de los Condes. Zunächst ging der Weg entlang eines kleinen Flusses, dann 6 km neben einer schnurgeraden Straße. Die Pilgerherbergen Santa Clara ist an ein Frauenkloster angebunden. Sehr schöner Ort von außen, innen sehr einfach, aber wir haben ein Dreibettzimmer für uns. Die Landschaft hier ist von riesigen Getreide-Feldern bestimmt. Eigentliche Bauernhöfe gibt es offenbar nicht, stattdessen sieht man große Hallen für die Mähdrescher etc und riesige Getreidesilos. Das Wetter ist nach vor rauh, kalter Wind, aber Gott sei Dank kein Regen.

Bericht vom 10. Mai

Nach 20 km Wanderung sind wir heute Mittag an einem sehr schönen Ort untergekommen: in der Pilgerherberge San Nicolas, die Italiener aus dem Piemont in einem Kirchenraum betreiben. 12 Betten, der große Esstisch und eine Küchenzeile, alles in einem Raum untergebracht. Gleich vor dem Abendessen kriegen wir vorne im Chorraum eine Fußwaschung als biblisch begründetes Ritual. Ich bin gespannt. Die Zusammensetzung der Pilger ist wie üblich international, vertreten sind Taiwan, Polen, Russland, Belgien, Frankreich, Schottland, Niederlande, Schweden und natürlich Italien. Draußen schauert es, aber glücklicherweise können einige Gäste sehr gut Gitarre spielen. Ein zauberhafter Ort auf dem Camino, an dem ich mich wie oft in den letzten beiden Wochen frage, warum zwischen Ländern eigentlich Kriege geführt werden und wer sie anzettelt.

Bericht vom 08. Mai

Nach genau 14 Tagen sind heute ca. 310 km vom Camino geschafft. Es liegen noch rund 460km bis Santiago vor mir. Das bedeutet, dass ich bis zum 29. Mai im Schnitt 20km am Tag gehen muss. Ich möchte das jetzt ohne Pausentag schaffen und längere Aufenthalte in Städten sind auf dem Camino eh nichts für mich. So werde ich mich auch in Leon maximal 4 Stunden aufhalten, um einen Kaffee zu trinken und ein paar Highlights zu sehen. Der heutige Weg ging durch die Meseta, eine wüstenähnliche Landschaft mit endlosen Getreidefeldern und ohne Bäume und Sträuchern. Das Wetter war ideal: sonnig, aber windig und deshalb nicht zu heiß. Viele Warnten mich vor der Durchquerung der Meseta, aber ich fand es sehr beeindruckend und man konnte gut meditieren. Auch wenn ich weiterhin mit Jacob und Janina zusammen bin, bin ich weitgehend allein gelaufen. Immer wieder trifft man Pilger, mit denen man schon mal länger gesprochen hat, das sind schöne Momente.

Bericht vom 06. Mai

Im Gottesdienst waren maximal 10 Prozent der Pilger, die in dem Ort übernachtet haben. Also keine katholische Frömmigkeit auf dem Jakobsweg zu finden.
Heute Morgen bei 5 Grad gestartet, aber dafür kein Regen und ein Landschaftswechsel von Schnellstraßen zu einem langen Anstieg auf einen bewaldeten Höhenzug. In einer Bar zum Aufwärmen habe ich Ken und Gordon aus Kanada wiedergetroffen, die sehr an der kirchlichen Situation in Dortmund interessiert waren. Auf dem Weg weiter dann mit Janina und Jacob u.a. über Tod und Sterben gesprochen. Man sieht: Der Camino ist also durchaus auch ein Ort für tiefergehende Gespräche. Morgen geht weiter nach Burgos und ich freu mich schon auf die Kathedrale dort.

Bericht vom 02. Mai

Buenas tardes allerseits,
nach der ersten euphorischen Woche beginnen nun die Mühen. Nachdem ich gestern 9 km weniger gegangen bin, habe ich in Viana übernachtet und dort Simon und Sonja aus Mainz kennengelernt. Sie laufen den Camino mit ihrem 9 Monate alten Baby. Heute habe ich die Provinzgrenze zwischen Navarra und La Rioja bei Gewitter überschritten und bin nach 22 km durchnässt in Navarette angekommen. Wie immer konnte ich ohne Voranmeldung in einer Herberge einchecken. Heute Abend wird es vegetarische Paella und nette Gespräche am Tisch geben. Der Weg heute war nicht nur schön, sondern es ging durch eine Großstadtlandschaft von Logrono mit riesigen Wohnblocks und durch ein Gewirr von Autobahnen und Schnellstraßen.

Bericht 2

Die ersten Schwierigkeiten

Nach zwei leichteren Etappen von je ca. 22 km bin ich in Los Arcos angekommen. Leider macht mir mein linkes Knie etwas Probleme, sodass ich langsam gehen und alle 5 km eine Pause machen muss und ich am Tag auf 20 km komme. Die letzten beiden Etappen waren geprägt von hügliger Kulturlandsaft mit riesigen Getreide- und Rapsfeldern.

Ich habe mich gefragt, welche Berührungspunkte es eigentlich zwischen der einheimischen Bevölkerung und den rund 300 Pilgern gibt, die tagtäglich durch die Dörfer und Städte ziehen. Mein Eindruck: außer der Bedarfsdeckung und ab und an einer offenen Kirche gibt es kaum Berührungspunkte. Die meisten Gespräche finden zwischen Pilgern statt. So auch ich: heute Abend verabredet mit Jacques aus der Nähe Maastrichts zum Biertrinken.

Der erste Bericht

Wetter & Internationalität

Seit dem 25. April bin ich nun auf dem Jakobsweg unterwegs und habe bereits über 100 Kilometer hinter mir.

Zunächst ging es von St. Jean Pied de Port auf den Col Napoleon (1400 Höhenmeter), dann 700 Meter Abstieg nach Roncevalles. Dies bei ziemlicher Hitze. In der Nacht folgte ein totaler Wetterumschwung. Bei regnerischem und kühlem Wetter ging es über schlammige Wege bis zu einem Dorf namens Larrasoana. Dort übernachtete ich. Tagsdarauf liegen 30 Kilometer bei wieder sehr warmen Temperaturen vor mir. Am Abend übernachte ich in einer konfessionellen Pilgerherberge. International ist es auf unserem 8er Zimmer: USA, Argentinien, Belgien, Niederlande und Australien. Es herrscht wie überall auf dem Weg eine sehr herzliche und offene Stimmung unter den Leuten.

Im Moment habe ich noch nicht das Bedürfnis mich tagsüber einer Gruppe anzuschließen. Ich kann längere Zeit allein gehen und hänge meinen Gedanken nach.

Was Johannes Kirsch zu diesem Weg bewegt!

Johannes Kirsch ist Vorsitzender des Pfarrgemeinderates Heilige Dreikönige in der Dortmunder Nordstadt. In dieser Funktion begleitet er von Beginn an den Transformationsprozess der BVB – Gründerkirche.

Vor allem die diakonische Ausrichtung der Kirche – für die Menschen im Stadtteil – ist ihm eine Herzensangelegenheit. Nun bricht der 66jährige BVB – Fan zu einem besonderen Weg auf.

Doch bevor die spannende Reise nach Spanien begann, war er noch bei Karsten Haug im Interview!

Karsten Haug: „Santiago de Compostela!“

Johannes Kirsch: „Ich gehe de Camino Frances; das ist der Weg, der von den meisten Jakobspilgern gegangen wird. Mein Startort ist in Saint-Jean-Pied-de-Port, das liegt am Fuß der Pyrenäen auf französischer Seite. Dort gehe ich am 25. April los. Die erste Etappe ist sicherlich die anstrengendste, weil man mehr als tausend Höhenmeter auf den Kamm der Pyrenäen aufsteigen und auf spanischer Seite ebenso viel wieder absteigen muss.

Der Pilgerweg nach Santiago ist ab St. Jean 775 km lang; ich plane, in Santiago am 31. Mai anzukommen; für die 775 km stehen mir (inklusive Pausentagen) also 37 Tage zur Verfügung. Wie viele andere Pilger gehe ich nach zweitägigem Aufenthalt in Santiago de Compostela noch ca. 90 km weiter bis zur Küste nach Kap Finisterre, um dort einer alten Tradition folgend symbolisch ein Stück der Pilgerkleidung zu verbrennen.

Das Netz von Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Camino Frances ist derart dicht, dass ich mir keinerlei Sorgen mache, nachmittags vor Ort eine Unterkunft zu finden.

An den Etappenorten werden abends Pilgermenüs angeboten. Bei Tisch hat man dann eine gute Gelegenheit, Kontakte zu anderen Jakobspilger*innen zu knüpfen und sich auszutauschen. “

Karsten Haug: „Wie bist du auf die Idee gekommen?“

Johannes Kirsch: „Als gebürtiger Aachener habe ich seit meiner Kindheit und Jugend einen relativ engen Bezug zum Thema Pilgern, denn Aachen war im Mittelalter eines der wichtigsten Pilgerorte in Europa. Aachen und Trier verbindet über die Höhen der Eifel ein bekannter Pilgerweg zum Grab des heiligen Matthias, den wir schon gemeinsam unter die Füße genommen haben.

Wenn man das Pilgern grundsätzlich wertschätzt, liegt der Wunsch natürlich nahe, irgendwann auch mal zu Fuß nach Santiago de Compostela zu gehen. Eine ganze Reihe von guten Freunden und Bekannten von mir (und auch meine Schwester) haben das in den letzten 10-12 Jahren gemacht und nach ihrer Rückkehr immer begeistert davon berichtet.

Außerdem gibt es ja viele Bücher und Filme darüber. Ich fand es immer reizvoll, einen möglichst großen Teil des Wegs an einem Stück zu gehen.

Im Grunde hätte ich es auch direkt vor der Haustür losgehen können, denn ein Zweig des Jakobswegs führt durch die Nordstadt und an der Josephskirche vorbei. Aber das hätte bedeutet, wenigstens vier Monate nach Santiago unterwegs zu sein, und das erschien mir doch zu lang.“

Karsten Haug: „Es gab und gibt ja einen richtigen Boom hinsichtlich des Jakobsweges –nicht zuletzt auch durch Hape Kerkeling. Was reizt dich an dem Weg? Warum pilgerst du?“

Johannes Kirsch: „Beim Pilgern zu Fuß wie auch bei mehrtägigen Wanderungen taucht man in eine andere Welt ein. Man gewinnt rasch Abstand zu den Sorgen und Problemen, die einen in den letzten Wochen und Monaten zuhause beschäftigt haben, und lernt diese aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Auf dem Weg hat man nur das Allernötigste im Rucksack dabei, freut sich über die Gastfreundschaft der Menschen in den Etappenorten und sicherlich manchmal auch über die Unterstützung durch Mitpilgernde. Man muss zuweilen schlechtem Wetter trotzen und mit körperlichen Wehwechen umgehen und an manchen Tagen auch damit, dass die Landschaft eher öde erscheint, und und und…

Dies alles kann dabei helfen, jenseits der kleineren Probleme, die unterwegs gelöst werden müssen, im Laufe des langen Weges die persönlichen Fragen und Probleme, die man von zuhause mitbringt, für sich zu ordnen und Unwichtiges loszulassen. Dabei hilft für mich als Christen auch das Gebet. Zusammen mit den meinen persönlichen Fragen und Problemen will ich auch die vielfältigen Krisen und Unsicherheiten, die uns Menschen heute bewegen und viele beinahe verzweifeln lassen, in Gedanken und im Gebet mit auf den Weg nehmen, sei es die ökologische und Klimakrise, die vielen Kriege mit ihren zahlreichen Opfern, die wachsende Kriegsgefahr auch im Zentrum Europas, die Lage der zahlreichen Menschen auf der Flucht, das Auseinanderdriften der Gesellschaften oder die Gefährdung der Demokratie durch Rechtspopulismus und ökonomische Unsicherheit. Wenn ich all dies mit auf den Weg nehme, kann mir vielleicht der Gedanke an die vielen Jakobspilger der vergangenen Jahrhunderte helfen, von denen viele ihr Leben in deutlich schwierigeren Zeiten als der unsrigen bewältigen mussten. Und last but not least werde ich natürlich auch die vielen Menschen, denken, die mir nahestehen: meine Familienangehörigen und Verwandten, meine Freunde und Bekannten, darunter auch die nicht wenigen Verstorbenen der letzten Jahre.  “

Karsten Haug: „Was ist deine Hoffnung?“

Johannes Kirsch:  „Ich hoffe, dass ich mit größerer Gelassenheit und innerer Klarheit zurückkomme, um zu entscheiden, wo ich in meinen verbleibenden hoffentlich einigermaßen „fitten“ Lebensjahren (ich werde bald 67 Jahre alt) sinnvollerweise die Schwerpunkte meines ehrenamtlichen Engagements setzen werde. Dabei ist aus meiner jetzigen Sicht recht sicher, dass dabei die Kirche in der Nordstadt (einschließlich der BVB-Gründerkirche) und Überlegungen um deren Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden. Ich hoffe darauf, die in den kommenden Jahren stattfindenden tiefgreifenden Veränderungen so mitgestalten zu können, dass hier etwas sinnvolles Neues entsteht – aber das ist ein anderes Thema….“

Karsten Haug: „Kannst du dir jetzt schon vorstellen, wie du dich bei der Ankunft in Santiago fühlen wirst? Was wird dort in deinem Herzen sein?“

Johannes Kirsch:  „Ich erwarte, dass die Ankunft auf jeden Fall sehr bewegend sein wird und sicherlich auch ein paar Tränen fließen werden. Jede Wanderung, jeder Pilgerweg verändert einen; ich kann erst nach der Ankunft versuchen zu begreifen und zu sagen, wie er mich verändert hat.“

Johannes Kirsch wird uns durch Fotos und kurze Erfahrungsberichte von seinem Weg immer wieder teilhaben lassen. Dafür ein herzliches Dankeschön.

Buon cammino!